Gesa Braun - Malerei / Zeichnung

 

 

 

 

 

 

 

Oberhand des Untertage Geförderten

 

Im Handumdrehen scheinen die Bilder und Zeichnungen von Gesa Braun aus der Bewegung heraus zu entstehen. Wild, flüchtig und ungezähmt reihen sich Spuren, Striche, Flecken und Verwischungen bis zur Unkenntlichkeit aneinander um letztlich doch immer wieder nur das eine herauszuschälen. Das Antlitz eines menschlichen Ebenbildes. Farbpigmente wirken sich auf den Papieren aus, als hätten ferngesteuerte Wesenheiten aus tief liegenden Kohlebergwerken ein staubiges reines Schwarz ans Tagelicht befördert, um in vertrauensvoller Hingabe endlich der Menschheit zu zeigen, wie viel Anmut, Anschmiegsamkeit und Verletzbarkeit sich im Innern des Planten Erde befindet und dass das Schwarz alle Farben und alles Lichter beherbergt.

Das Kostbare offenbart sich erst bei näheren Betrachtungen, besonders dann, wenn der Schauende ablässt von Mutmaßungen darüber wie man das Vorgefundene ausnutzen kann, wie sich Qualität beurteilen, bewerten oder kalkulieren lassen.

 

Unberechenbar und doch stetig zuverlässig nimmt die Evolution seinen Weg, so lange es den Planeten Erde gibt. So legen sich Schicht um Schicht Beweise der des Daseins übereinander.  Bislang sammeln sich übereinander im Verborgenen der Erdschichten Reste des jahreszeitlichen Kommen und Gehens. Pflanzen und Bäume bilden längst nicht mehr den wesentlichen Anteil der sich selbst verwertenden Materie.

Zwischenzeitlich vermehren sich die Materialien der verwitterungsresistenten Überbleibsel, der Unrat, das Ausgenutzte und die synthetisch produzierten Plastikberge sind Grundlagen einer Archäologie der Zukunft, deren Auswirkungen sich nur in Schreckenszenarien ausmalen lassen.

Die Beweise der im Überfluss erstickenden Zivilisation der Menschheit des 21. Jahrhunderts sind offenkundig.

 

Wenn von Menschenhand gefertigte Malereien, Zeichnungen oder Skulpturen abstrakt daher kommen, ist mancher Betrachter geneigt sich Beurteilungslegitimation in den Vorbildern der Kunstgeschichte zu suchen.

Dies kann ein Kompass sein, um sich Rückendeckung und Kenntnisse zu verschaffen, wie und warum Künstlermenschen sich bewusst aus der Welt der Realität entfernen zu wollen, um sich schließlich auf einer Fährte der Ungewissheit zu begeben. Es bedarf innerer Stärke sich dem eigenen Antrieb anzuvertrauen, ständig in Begleitung des Zweifelns zu sein, mit dem Risiko den Boden unter den Füssen zu verlieren, vor allem aber wenn die Begutachter der Ergebnisse geneigt sind selbst nach zuverlässigen Ankern der Erkennbarkeit und nach dem Sinn zu suchen.

 

Die Aussage „ Ich male nur für mich“, entlässt die Betrachter in den Raum größtmöglicher Freiheit und Verlorenheit. Aus sicherer Entfernung kann man sich mit der eigenen Phantasie einbringen, Assoziationen können sich entfalten, gleichsam kann man mitgerissen werden, wie die Künstlerin selbst beim Entstehungsprozess durch Kohlestifte und Pinsel die Führung übernehmen.

 

Am Ende steht nur eine mit schwarzen Händen da und wartet auf den nächsten Auftakt, auf das nächste Abenteuer, auf das nächste Bildnis.

 

Carmen Oberst, 2019